Geschichte der Astrologie

 

Eine kurze Kulturgeschichte der 'Sterndeutung'

Frühste astrologische Dokumente lassen sich im alten babylonischen Bereich finden, in Mesopotamien, jenem Areal zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris, das im heutigen Irak liegt.
Aus diesem Gebiet liegen Keilschrifttexte mit einfachen astrologischen Aussagen vor, die um 2400 vor Beginn unserer Zeitrechnung datieren.

 

Eine systematische Beobachtung von Himmelsereignissen findet höchstwahrscheinlich ab dem 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung statt. Aus der Beobachtung von Himmelsphänomenen und den Ereignissen jener Zeit entstanden Bibliotheken von 1000en von Keilschrifttexten, die als Nachschlagewerk dienten, um die Bedeutung von beinahe jeder himmlischen Konstellation zu erfassen.

 

Die astrologischen Texte jener Zeit bezogen sich ausschließlich auf das Schicksal des Königs und des gesamten Reiches.

Eine Individualastrologie gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

 

Die Astrologie hatte im alten Babylon einen sehr hohen Stellenwert, war sie doch eng mit Religion und magischen Vorstellungen verbunden.

Astrologe, Astronom und Priester waren ein und die selbe Person.

In den Konstellationen sah man den Willen und die Zeichen der Götter. Diese wurden aber nicht als zwingend betrachtet, konnten sie doch mittels Ritualen abgemildert werden.

Beinahe 2000 Jahre waren von Priesterastrologen bestimmt, als dann ab dem 5. Jh. v.u.Zeit entscheidende Veränderungen stattfanden.


Die erste wichtige Abstraktion, die sich in dieser Zeit ereignete, war die Schaffung eines Tierkreises von 12 x 30°.

 

So löste man sich Im 5. Jahrhundert v.u.Z., in einem ersten Schritt, von Sternen und Sternbildern.

Auf der Basis eines ekliptikalen Koordinatensystems kam es zur Bildung eines ersten Tierkreises, mit 12 x 30° grossen Abschnitten.

Der Tierkreiszeichen-Kreis wurde über die Sternbilder gelegt, die Namen der Sternbilder wurden übernommen. Man begann sich von der Vorstellung zu lösen, dass in den Sternbildern selbst die entscheidende ursächliche Ebene zu finden sei. Vielmehr sah man zunehmend in einer 12-teilung der Sonnenbahn (Ekliptik) die wesentliche archetypische Struktur.

 

Ende des 5. Jahrhundert findet eine weitere bedeutsame Entwicklung statt:

Der Übergang von der Staats- zur Geburtsastrologie.

Das älteste überlieferte Geburtshoroskop stammt aus dem Jahr 410 v. Chr.


Das 6. und 5. Jahrhundert vor Chr. bildet für die gesamte Geistesgeschichte der Menschheit eine Achsenzeit.

Religionsgeschichtlich kommt es zum Übergang von Kollektiv- zu Individualreligionen, die Bedeutung des Individuums wird hervorgehoben, die Vorstellung einer individuellen Seele wird betont. Im fernen Osten finden wir Buddha oder Lao Tse, im persischen Raum Zarathustra.
Es ist dies aber auch die Zeit der griechischen Antike. Platon, Sokrates und Aristoteles, um drei der bekanntesten zu nennen.

 

Der griechische Kulturkreis wird in der Folge auch die zentrale Rolle spielen, bei der weiteren Entwicklung der Astrologie.

Die Griechen übernehmen im 4. und 3. Jahrhundert v.u.Z. die babylonischen Gestirnslehren und entwickeln sie entscheidend weiter.

Griechische Mathematik unterstützte diesen Prozess, griechische Philosophie fügte sich ergänzend ein. Astrologen erkennen und definieren erstmals Prinzipien und Urbilder, die durch Planeten und Tierkreiszeichen zum Ausdruck kommen. Ägyptische Lehren beeinflussten die Sichtweisen, fand doch der Schwerpunkt dieser Entwicklung im von den Griechen regierten Ägypten statt.

 

Eine weitere ganz entscheidende Entdeckung erfolgte ebenfalls im 2. vorchristlichen Jahrhundert: die Berechnung der Präzession durch den griechischen Mathematiker und Astronomen Hipparch.

 

Die Präzession

begründet in einer Kreiselbewegung der Erdachse, zeigt sich in einer langsamen Verschiebung des Fixsternhimmels (und somit auch der Sternbilder) gegenüber den Jahreszeiten.

Dies war deshalb eine weitreichende Entdeckung, als man in der Folge die Überlegung anstellte, den (fixen) astrologischen Tierkreis, den man von den Babyloniern übernommen hatte, von den Fixsternen völlig zu lösen und an die Jahreszeiten zu koppeln.

Somit sollte 0° Widder mit dem Frühlingspunkt ident sein, 0° Waage mit dem Herbstbeginn, 0° Krebs mit der Sommer-Sonnenwende und 0° Steinbock mit der Winter-Sonnenwende.

Mit dieser Kopplung wurde vor 2 Jahrtausenden der heute noch in der westlichen Astrologie verwendete sog. tropische Tierkreis geschaffen.

Die Überlegungen zu seinen Gunsten waren durchaus naheliegend, da die Sternbild- und Tierkreiszeichen-Symbolik in vielem von der jahreszeitlichen Bewegung der Sonne - und eben nicht von den Sternbildern - abgeleitet wurde. In jener Zeit, in der der tropische Tierkreis eingeführt wurde, deckten sich zudem tropische Tierzeichen und Sternbildern weitestgehend.

Heute sind diese jahreszeitlich gebundenen (tropischen) Tierzeichen auf Grund der Präzession gegenüber den Sternbildern um beinahe ein ganzes Zeichen verschoben.

Von Astrologie-Kritikern wird deshalb gerne auf einen Irrtum der Astrologen hingewiesen, denen entgangen sein soll, dass Tierkreiszeichen und Sternbilder nicht mehr übereinstimmen. Eine entbehrliche Kritik, wenn man bedenkt, dass die Astrologen bis ins 17. Jahrhundert hinein auch stets die Astronomen waren. Sie waren es auch, die in den ersten Jahrhunderten nach Beginn unserer Zeitrechnung eine bewusste Entscheidung zugunsten des tropischen Tierkreises gefällt hatten.

 

Im 2. nachchristlichen Jahrhundert war das Lehrgebäude der antiken Astrologie bereits errichtet.

Eines der bekanntesten Werke, in dem versucht wird, das astrologische Wissen jener Zeit zusammenzufassen, wurde von Claudios Ptolemaios, einem der grössten Universalgelehrten seiner Zeit geschrieben.

Er nannte es Tetrabiblos ("Vierbuch", bezogen auf seine vier Abschnitte).

 

Die Römer

hatten in dieser Zeit bereits die griechische Astrologie übernommen. Sie ordneten den griechischen Götternamen der Planeten ihre eigenen zu - jene, die wir auch heute noch verwenden. So wurde aus dem griechischen Zeus der römische Jupiter, aus Aphrodite wurde Venus und aus Hermes wurde Merkur.

Im römischen Reich fand die Astrologie eine starke Verbreitung, eine entscheidende Weiterentwicklung gab es jedoch nicht.

 

Das Christentum

stand in seinen Anfängen der Astrologie meist noch noch neutral gegenüber. Die Spaltung zwischen Christentum und Astrologie kam etwas später. Eine der treibende Kräfte dabei war Augustinus. In seiner frühen Zeit selbst noch Anhänger der Astrologie, veränderte er schließlich seine Einstellung radikal. In der Folge kam es bei Konzilen Ende des 4. Jh. vorerst zu einem Verbot der Betätigung als „Astrologe und Magier” und beim Konzil von Toledo wurde schließlich eine Verdammnis über die Lehren der Astrologie gelegt.

So war das Ausüben von Astrologie fortan nur mehr unter Lebensgefahr möglich und die Astrologie begann im römischen Reich fast völlig zu verschwinden.

Sie hat sich in der Folge wieder in den arabischen Bereich zurückgezogen und fand schließlich über den islamischen Herrschaftsbereich wieder Verbreitung. Denn die muslimischen Herrscher hielten an der Tradition ihrer Vorgänger fest und förderten die alten Künste.

 

Silvester II war um 1000 der erste sternenkundige Papst.

Er betonte, wie wichtig die Aufnahme der arabischen Wissenschaften - unter ihnen die Astrologie - für die Weiterentwicklung des Christentums sei. Im Laufe des 11. Jahrhundert kam es dann zu einer intensiven Beschäftigung christlicher Gelehrter mit der 'arabischen' Sternkunde. Die Kreuzzüge jener Zeit verstärkten den kulturellen Austausch.

 

Ende des 12.Jh. lagen schließlich wichtige Werke der Antike in Übersetzungen vor. Diese stellten die Basis dar, für die sogenannte

Blütezeit der Astrologie um 1450-1650.

Sie fiel in den Zeitabschnitt der Renaissance. In dieser Zeit wurden vermehrt antike Schriften übersetzt und fanden dank der Erfindung des Buchdruckes auch weite Verbreitung.

Für viele Gelehrte war es in dieser Zeit normal sich dem Studium der Astrologie zu widmen. Astrologie wurde an den meisten Universitäten gelehrt, u.a. auch in Wien.

 

Weit verbreitet war die medizinische Astrologie, einer ihrer berühmtesten Vertreter war der Naturphilosoph und Mediziner Paracelsus. Er betonte, dass der Zusammenhang zwischen Kosmos, den Planeten und dem menschlichen Körper als eine Einheit zu betrachten sei, in der beide sich wechselseitig spiegeln.
Gedanken, die man ähnlich schon im alten Griechenland fand, die aber gleichermaßen auch einer modernen "astro-logischen" Sichtweise entsprechen.

In dieser Zeit (1450-1650) wurde Astrologie auf den meisten Universitäten mit einer medizinischen Fakultät zum Pflichtfach.


Wodurch ging nun aber diese über 200 Jahre dauernde Hoch-Zeit der Astrologie in Mitteleuropa zu Ende?
Den Boden bereitete die Gegenreformation, in der vor allem Bücher über deterministische Astrologie verboten wurden. Entscheidend war aber die wissenschaftliche Revolution und der Rationalismus der neuen Naturwissenschaften.

Diese begann mit Kopernikus -Mitte des 16. Jh. - und der Wiederentdeckung des heliozentrischen Weltbildes: die beobachteten Planetenbewegungen lassen sich viel schlüssiger erklären, wenn man die Sonne in den Mittelpunkt unseres Sonnensystems setzt.

Johannes Kepler - selbst Astrologe - untermauerte dann Anfang des 17. Jh. diese Sichtweise durch die Entdeckung der Bahngesetze der Planeten.
Galileo konnte zur gleichen Zeit durch seine ersten Beobachtungen mit dem Teleskop (auf Basis der Bewegungen der Jupitermonde) die neue Sichtweise bestätigen.

Ca. 80 Jahre später fand die Planetenbewegung in den Gravitations- und Bewegungsgesetzen von Isaac Newton ihre ursächliche Begründung. Damit etablierte Newton auch das mechanistische Weltbild.

 

Was in dieser Zeit geschah, kann als Entzauberung des Himmels bezeichnet werden.

(Max Weber bezeichnete diese Phase als die 'Entzauberung der Welt') Das göttliche und mystische schien zu schwinden und musste dem Bild eines mechanisch ablaufenden Planetenräderwerkes Platz machen.

Das neue Paradigma setzte sich durch: Nur was messbar und berechenbar war, sollte Akzeptanz finden. Die mechanistische Physik entwickelte sich zur neuen Leitdisziplin.
Auf der anderen Seite wurde diese Entwicklung durch die Aufklärung gefördert, die sich mit der Deutungshoheit der Kirche nicht mehr zufrieden geben wollte und die die Vernunft als einziges Instrument zu Erkenntnis und Wahrheit betrachtete.

 

Die Astrologie verschwand in der Folge im 18. und 19. Jh. fast vollständig aus dem kontinentalen Europa. Weitergetragen wurde sie in Geheimgesellschaften und fand in der Romantik einen kleinen Aufschwung. Aus der wissenschaftlichen Debatte war sie aber schon lange verschwunden und im Bewusstsein der breiten Masse fast völlig vergessen.

Die Zeiten überdauert hatte sie im 18.-19. Jh. in England. Dort fand sie zwar keinen Zutritt zu Universitäten wurde aber auch kaum bekämpft. Durch den legendären Ruf einiger großer Astrologen, z.B. William Lilly, war das Image bleibend positiv und so konnte auch die Herausgabe von astrologischen Jahrbüchern kontinuierlich fortgesetzt werden.

 

An der Schwelle zum 20. Jh. kehrte die Astrologie wieder ins kontinentale Europa zurück.

Es wurden vor allem astrologische Bücher aus England in die jeweiligen Landessprachen übersetzt und astrologische Vereinigungen gegründet.
In Deutschland fand in dieser Zeit der stärkste Aufschwung statt. Aber auch in Österreich wurde bereits 1908 die erste Österreichische Astrologische Gesellschaft gegründet.

 

Nach einem Rückschlag durch den ersten Weltkrieg verstärkten sich die astrologischen Kontakte wieder, wurden bald aber vom Nationalsozialismus politisch ausgerichtet und instrumentalisiert.

 

Nach dem 2. WK wurden viele astrologische Vereinigungen neu gegründet. Das Interesse an der Astrologie und ihre Verbreitung wuchsen seit dieser Zeit ungebrochen bis über die Schwelle zum 21. Jh.

 

Wodurch zeichnet sich die Astrologie des 20 Jh. im Besonderen aus?

Zweifellos war es die neu entstandene Psychologie, die die Astrologie des letzten Jahrhunderts am stärksten prägte.

Die Interpretation astrologischer Konstellationen unter Berücksichtigung tiefenpsychologischer Zusammenhänge war wohl der entscheidende Beitrag des 20. Jh. an der Astrologie-Geschichte. Damit einhergehend eine starke Distanzierung von Determinismus und Ereignisprognose.

Das Horoskop wird zunehmend als Spiegel von Anlagen, seelischen Bedürfnissen, inneren Widersprüchen und von Potentialen betrachtet.

Die heute am stärksten verbreitete Sichtweise ist jene einer Synchronizität (einer Gleichzeitigkeit) zwischen oben und unten. Man betrachtet die Planetenpositionen nicht als Ursache, sondern als Anzeige von Zeitqualität.

C.G. Jung wird gerne in diesem Zusammenhang zitiert, da er den Begriff der Synchronizität, der Gleichzeitigkeit, als Erklärungsmodell für astrologische Phänomene geprägt hat.

 

Durch die Konzentration auf den psychologischen Aspekt der Astrologie in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts gerieten viele alte Lehren und Techniken zunehmend in Vergessenheit. Am Beginn des 21.Jahrhundert lassen sich als Antwort darauf Bestrebungen erkennen, die eine Rückbesinnung und Aufarbeitung alter Techniken zum Ziel haben.


Parallel zu einem popularisierten Mainstream findet so in der Astrologie der letzten zwei Jahrzehnte eine Bewegung statt, in der, auf Basis einer modernen Sichtweise, altes Wissen aufgearbeitet und wiederbelebt wird.

Seit 2011 wird zudem auf der Universität von Wales ein Studium in 'Cultural Astronomy and Astrology' angeboten.

Namhafte Astrologen wie Nick Campion oder Liz Green finden sich dort als Dozenten.

Ein Stück konnte somit die Astrologie, am Beginn des 21. Jahrhunderts, wieder auf den Boden der Universitäten zurückfinden. Die Zukunft wird zeigen, wohin ihre Reise führt.


Start des nächsten Ausbildungs-Zyklus:

 

März 2023

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